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Eva Sauter Lemmenmeier (© Copyright):

Ansprache zur Ausstellung im Kreuzgang des Klosters Gnadenthal, 25.10.2015 bis 6.12.2015

Liebe Gäste

Herzlich willkommen zu dieser Vernissage zu Ehren von Bernhard Sauter.

Selbstporträt, Oel, 1983

Selbstporträt, Oel, 1983


Es sind Menschen hier aus allen Lebensbereichen von Bernhard und mir: Mein lieber Lebensgefährte Albert Lemmenmeier, meine Tochter Manuela mit den Enkeltöchtern Romana und Francesca, die Geschwister von Bernhard samt Ehepartnern, Verwandte, Freunde, Bekannte, Nachbarn, Schulkolleginnen, Kolleginnen/Kollegen von Visarte Aargau, von Bernhards Filmarbeiten, vom A-Cappella-Chor Zürich und aus meiner ETH-Zeit. Ich danke allen dafür, dass Sie hier sind.

Mein besonderer Dank gilt Irene und Heini Briner, ohne deren Hilfe die Ausstellung nicht zustande gekommen wäre. Ebenfalls danke ich für die Hilfe von Albert, von meinem Stiefsohn Bertie sowie von Hugo Stamm und Markus Seiler.

Und nun zur Hauptperson dieses Abends, Bernhard und seinem Leben. Einem Leben, das ganz der Kunst gewidmet war:

Bernhard Sauter – Ein Leben für die Kunst

Bernhard Sauter wurde als erstes von vier Kindern in eine einfache katholische Arbeiterfamilie geboren. Er wuchs in einer warmherzigen Atmosphäre auf. Seine Mutter war eine begabte Hobbyschneiderin. Von seinem Vater bekam Bernhard vermutlich das künstlerische Talent mit. Es gibt in dessen Familie einen blinden Organisten, einen Bildhauer, einen Architekten, eine Grafikerin und zwei Cousins, die sich ebenfalls künstlerisch betätigen bzw. betätigten.

Noch bevor Bernhard in die erste Klasse kam, hatte er sich das Lesen selbst beigebracht, was zu jener Zeit, Ende der 1940er Jahre, sehr ungewöhnlich war. Es war wegweisend für sein ganzes Leben, dass er alles selber erlernen wollte, ohne Schule, ohne Lehrer, dafür mit Experimentieren oder durch das Studium von Büchern.

Bernhard bekam von einem Onkel als etwa 13jähriger Farben geschenkt. Das war so etwas wie der Startschuss in die Welt der Kunst, die ihn zu faszinieren begann. Auch Lesen war wichtig für ihn.

Bernhard hatte schon als 17jähriger ein eigenes Atelier in der Altstadt von Schaffhausen gemietet, in dem er fast jede freie Minute verbrachte und sich künstlerisch betätigte. Er hatte ein breites Wissen zu Kunst, Film, Fotografie, Architektur, Musik und Literatur, wie es für sein Alter absolut ungewöhnlich war.

Als ich Bernhard als 21jährigen jungen Mann kennen lernte, hatte er soeben in der katholischen Kirchgemeinde von Schaffhausen im Alleingang einen Pfarreiabend für ein paar Hundert Leute organisiert: mit einem von ihm geschriebenen und inszenierten Theater, mit eigenem Bühnenbild und erst noch der Hauptrolle. Dazu kam ein von ihm choreographierter afrikanischer Tanz.

Ein fast einjähriger Aufenthalt 1962 im spanischen Cordoba bereicherte Bernhard in vielen Belangen und sensibilisierte ihn auch für die Politik. Er lernte dubiose Deutsche kennen, Nazi-Verbrecher, wie er vermutete, die in Spanien ungehindert leben konnten. Er wurde konfrontiert mit der traurigen Geschichte Spaniens, dem Bürgerkrieg, und den Auswirkungen des Franco-Regimes im täglichen Leben der Spanierinnen und Spanier. Bernhard lernte aber auch die lebensfrohe spanische Lebensart mit Flamenco und Stierkampf kennen.

Nach der Rückkehr aus Spanien heirateten wir bald und hatten ein Jahr später schon eine Tochter, Manuela, die uns viel Freude, aber auch neue Verpflichtungen brachte.

Wir wohnten in Davos, in Rümlang, in Zürich an zwei verschiedenen Orten und schliesslich in Mülligen im Aargau. Und immer richtete sich Bernhard ein Atelier ein, sei es in einem Kellerraum, in einer Veranda oder in einem Dachzimmer, das er wegen der Beengtheit seine Raumkapsel nannte. Erst von 1988 an hatte Bernhard in Mülligen ein eigentliches Atelier im Dachgeschoss unseres kleinen Reihenhauses, in welchem er fortan, wie all die vielen Jahre zuvor, den ganzen Tag und die halbe Nacht verbrachte.

Manuela muss etwa drei Jahre alt gewesen sein, als Bernhard mir mitteilte, dass es fortan für ihn keine Familiensonntage mehr gebe, weil er mehr für sich arbeiten müsse. Also haben Manuela und ich über Jahre die Sonntagnachmittage allein verbracht, Familienzusammenkünfte ohne Bernhard besucht.

Von 1976 bis 1987 konnte sich Bernhard als Ausstattungsleiter bei Schweizer und deutschen Regisseuren etablieren. Das hatte für ihn den Vorteil, dass er für zwei oder drei Monate am Stück dem Broterwerb nachgehen konnte und anschliessend viel Zeit für sein künstlerisches Schaffen hatte.

Bernhard war schon als 17jähriger ein begabter Zeichner, wie drei kleine Zeichnungen aus dem Jahre 1958 zeigen, die Sie hier in der Ausstellung sehen.

Zeichnung, Feder, ca. 1958 Zeichnung, Feder, ca. 1958 Zeichnung, Feder, ca. 1958

Zeichnungen, Feder, ca. 1958


Zeichnen war eine tägliche Disziplin, die er spätnachts mit einer Tagebuchzeichnung abschloss. Ebenfalls zu seinem Tagesprogramm gehörte über viele Jahre das Üben von Schriften: deutsche Schriften, gotische Schriften, chinesische Schriftzeichen, das Entwerfen von Geheimschriften, die auch in seinen Bildern zu finden sind.

Sein künstlerisch-technisches Repertoire war gross. Sehr oft waren es keine reinen Techniken, sondern Mischtechniken, Experimente mit verschiedenen Materialien.

Bernhard arbeitete mit sehr viel Wille, Konzentration und Ausdauer. Der Wunsch, ungestört und konzentriert arbeiten zu können, tauchte immer wieder auf. Einmal, schon in der Mülliger Zeit, sagte Bernhard zu mir: „Ich will in den nächsten drei Wochen keinen Besuch und niemanden sehen, ich muss ungestört arbeiten können.“ Dazu passt auch eine andere Aussage von Bernhard. Seufzend sagte er eines Tages: „Wäre ich doch in einem Kloster, dann könnte ich ungestört arbeiten.“ Er hätte sich am liebsten über Tage und Wochen in sein Atelier zurückgezogen, ohne jemanden zu sehen, was natürlich nicht möglich war. Bernhard musste seine Bilder verkaufen, und das hiess auch, Besucher zu empfangen. Er hätte es auf keinen Fall zugelassen, dass ich mit meiner Halbtagesstelle mehr verdient hätte als er.

Zweimal durfte Bernhard die Ateliers von Stadt und Kanton Zürich in Genua und Paris für sechs bzw. drei Monate benutzen: Monate, in denen er wirklich ungestört arbeiten konnte. Von jedem dieser Aufenthalte kam er mit vielen Arbeiten nach Hause. Sie sehen an dieser Ausstellung Genua-Aquarelle und Paris-Stadtbilder in Kreidetechnik von diesen Atelieraufenthalten.

Genua, Aquarell, 1984 Genua, Aquarell, 1984

Genua, Aquarelle, 1984

Paris, Stadtbilder, Zeichnung, Kreide, 1987 Paris, Stadtbilder, Zeichnung, Kreide, 1987

Paris, Stadtbilder, Zeichnungen, Kreide, 1987


Bernhard gehörte zu jenen Menschen, die bescheiden ihrer Arbeit nachgingen. Vernissagen liebte er überhaupt nicht. Er träumte von einer Vernissage wie dieser, an welcher er nicht anwesend sein musste.

Bernhard hatte je länger je weniger Galerien, die ihn ausgestellt hätten, dafür viele Privatkunden, Geschwister von Bernhard und mir, Onkel, Tanten, Freunde und Bekannte. Allen voran Klaus Hütte, der nicht nur immer wieder Bilder erwarb, sondern uns seine Freunde und Bekannten ins Haus brachte. Er hat unermüdlich versucht, für Bernhard Ausstellungsmöglichkeiten zu finden, Galeristen zu interessieren. Auch Kristina Ericson und mein Schwager André Thouvenin setzten sich immer wieder für die Kunst von Bernhard ein, dann das Museum zu Allerheiligen, die Redaktorinnen und Redaktoren der Schaffhauser Nachrichten sowie der Arbeiterzeitung AZ.

Mehr als dreissig Jahre lang durfte ich miterleben, wie sich Bernhards künstlerisches Schaffen entwickelte, wie er zu einer ganz eigenen, ausdrucksstarken Bildsprache fand. Es war eine sehr anregende Zeit.

Ich möchte mit zwei Sätzen von Bernhard schliessen, wie sie bezeichnender für sein Leben nicht sein könnten. Ich hörte ihn einst sagen: „Die Kunst, sie ist mein ganzes Leben.“ Auf einem Zettel, nach Bernhards Ableben im Atelier gefunden, hatte er notiert: „Das Leben ist verspielt im wirkungslosen Wirken; und durch nichts war ich abzubringen von diesem Weg.“

 

Eva Sauter Lemmenmeier
August/September/Oktober 2015
Ausstellung Kloster Gnadenthal


Fotos A. Lemmenmeier:

Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. LemmenmeierFoto A. LemmenmeierFoto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier Foto A. Lemmenmeier

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